Neuigkeiten - Recht

Beweislast beim Mieter: Verzug der Mietzahlung nach angeblicher Zahlung ohne vermieterseitigen Geldeingang

Schon viele Urteile gab es zu der Frage, bis wann Miete beim Vermieter eingegangen sein muss. Daher gehört es für die meisten Mieter auch schon zum Allgemeinwissen, dass sie alles daran setzen sollten, ihre Miete immer pünktlich zu zahlen - egal, woran es sonst noch mangelt. Der folgende Fall des Landgerichts Berlin (LG) stellt klar, was passiert, wenn sich Mieter und Vermieter uneinig sind, ob die Mietforderung beglichen wurde.

Schon viele Urteile gab es zu der Frage, bis wann Miete beim Vermieter eingegangen sein muss. Daher gehört es für die meisten Mieter auch schon zum Allgemeinwissen, dass sie alles daran setzen sollten, ihre Miete immer pünktlich zu zahlen - egal, woran es sonst noch mangelt. Der folgende Fall des Landgerichts Berlin (LG) stellt klar, was passiert, wenn sich Mieter und Vermieter uneinig sind, ob die Mietforderung beglichen wurde.

Es ging um eine Räumungsklage, da die Mieter für mindestens fünf Monate die Miete angeblich nicht gezahlt hatten. Die Mieter waren jedoch ganz anderer Ansicht. Sie behaupteten, tatsächlich die Zahlungen getätigt zu haben, und legten Unterlagen ihrer Bank vor, aus denen sich ergab, dass insgesamt über 3.000 EUR an Mietzahlungen überwiesen und nicht zurückgezogen worden waren. Aber auch die Vermieterin legte umfangreiche Unterlagen ihres Kreditinstituts vor, aus denen sich ergab, dass sie keine Überweisungen erhalten hatte. So musste das Gericht entscheiden, wer was zu beweisen hat.

Zunächst stellte das LG klar, dass Mieter mit der laufenden Miete nicht in Verzug kommen, solange sie die Zahlungsanweisung bis zur Fälligkeit der Miete vornehmen und die Miete dem Konto des Vermieters später - wenn auch erst nach dem Fälligkeitstermin - tatsächlich gutgeschrieben wird. Bestreitet der Vermieter allerdings die Gutschrift, tragen die Mieter die Beweislast für den Zahlungseingang. Können diese den Beweis nicht erbringen, geraten sie in Verzug. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie die Zahlungen nicht unverzüglich erneut vornehmen, nachdem sie vom Vermieter auf deren bislang unterbliebenen Eingang hingewiesen worden sind.

Hinweis: Sind zwei Monatsmieten offen, kann der Vermieter kündigen. Und das geht ganz schnell: Wird auch nur eine Monatsmiete gar nicht gezahlt, und ist die Folgemiete ebenfalls verspätet eingegangen, ist der Vermieter zur Kündigung berechtigt.


Quelle: LG Berlin, Urt. v. 25.04.2023 - 67 S 103/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Pandemiebedingte Terminverschiebung: Vergütungsanspruch von gebuchter Fotografin bei Auftragsneuvergabe

Die Pandemie hat so einige unserer Lebensplanungen über den Haufen geworfen. Daher werden uns die rechtlichen Auswirkungen vertraglicher Zu- und Absagen noch eine Weile beschäftigen - so wie den Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, ob einer beaufragten Hochzeitsfotografin nach pandemiebedingter Terminverschiebung Geld zusteht oder sie den bereits erhaltenen Teilbetrag sogar zurückzahlen muss, wenn sich das Brautpaar inzwischen für einen Kollegen der Fotografin entschieden hatte.

Die Pandemie hat so einige unserer Lebensplanungen über den Haufen geworfen. Daher werden uns die rechtlichen Auswirkungen vertraglicher Zu- und Absagen noch eine Weile beschäftigen - so wie den Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage, ob einer beaufragten Hochzeitsfotografin nach pandemiebedingter Terminverschiebung Geld zusteht oder sie den bereits erhaltenen Teilbetrag sogar zurückzahlen muss, wenn sich das Brautpaar inzwischen für einen Kollegen der Fotografin entschieden hatte.

Ein Ehepaar beabsichtigte, im August 2020 kirchlich zu heiraten. Sie wandten sich an eine Fotografin. Im Oktober 2019 bedankte sich die Fotografin für die Beauftragung und stellte für "Reportage Hochzeit 1.8.2020 (1. Teilbetrag)" 1.200 EUR von der insgesamt vereinbarten Vergütung i.H.v. 2.500 EUR in Rechnung. Der Betrag wurde von den Klägern sodann auch beglichen. Doch dann kam Corona, und die Hochzeit wurde um ein Jahr verschoben. Für diesen neuen Termin beauftragte das Brautpaar aber einen anderen Fotografen, woraufhin die Fotografin ein weiteres Honorar von 550 EUR forderte. Das lehnte das Hochzeitspaar nicht nur ab - es verlangte zudem die Rückzahlung der bereits überwiesenen 1.200 EUR. Es erklärte wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage den "Rücktritt von dem vorstehend bezeichneten Vertrag bzw. dessen Kündigung".

Der BGH aber sah keinerlei Ansprüche auf eine Rückzahlung oder auf die Feststellung, dass die weitere Vergütung von 550 EUR nicht geschuldet wird. Ein Rückzahlungsanspruch folgt aus einem Rücktrittsrecht des Brautpaars wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage nämlich nicht. Die ergänzende Vertragsauslegung ergab, dass die pandemiebedingte Verlegung der geplanten Hochzeit und der Hochzeitsfeier keinen Umstand darstellte, der die Eheleute zum Rücktritt vom Vertrag berechtigte hätte. Der Umstand, dass sie nach Absage des vereinbarten Termins nur aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich der Fotografin lagen, einen anderen Fotografen bevorzugten, ist nach Treu und Glauben unter redlichen Vertragspartnern unerheblich. Er ist im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung deshalb nicht zu berücksichtigen. Daher handelte es sich um eine rechtlich grundlose Kündigung des Vertrags. Somit hatte die Fotogafin folgerichtig einen Anspruch auf eine Vergütung.

Hinweis: Auch, wenn eine Pandemie den schönsten Tag des Lebens bedroht, gilt das allgemeine Vertragsrecht. Entsprechend war hier die Fotografin zu bezahlen.


Quelle: BGH, Urt. v. 27.04.2023 - VII ZR 144/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2023)

Flug als Gesamtheit: Starts oder Landungen außerhalb der EU

Startet oder landet ein Flugzeug mit Verspätung, können sich für die Reisenden nach der EU-Fluggastrechteverordnung Ansprüche ergeben. Wie es sich mit Starts oder Landungen außerhalb der EU verhält, musste der Bundesgerichtshof (BGH) klarstellen.

Startet oder landet ein Flugzeug mit Verspätung, können sich für die Reisenden nach der EU-Fluggastrechteverordnung Ansprüche ergeben. Wie es sich mit Starts oder Landungen außerhalb der EU verhält, musste der Bundesgerichtshof (BGH) klarstellen.

Eine Frau hatte über ein Reisebüro einen Flug mit der Fluggesellschaft S von Stuttgart nach Zürich, dann Flüge von Zürich nach Philadelphia und schließlich von Philadelphia nach Kansas City gebucht. Der erste und der zweite Flug wurden planmäßig durchgeführt, auf der letzten Teilstrecke startete der Flug allerdings verspätet. Die Frau erreichte Kansas City schließlich mit einer Verspätung von mehr als vier Stunden und verlangte daraufhin eine Ausgleichszahlung von 600 EUR. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen.

Das sah der BGH anders. Die Fluggastrechteverordnung ist anwendbar für Fluggäste, die ihren Flug im Gebiet eines Mitgliedstaats antreten. Aus der Fluggastrechteverordnung folgt, dass die Verordnung auch anzuwenden ist, wenn der Fluggast seinen endgültigen Zielort über direkte Anschlussflüge erreicht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Anwendbarkeit der Fluggastrechteverordnung bei einem Flug mit direkten Anschlussflügen unter Berücksichtigung des ersten Abflugorts und des Endziels zu beurteilen, wenn der Flug als eine Gesamtheit anzusehen ist. Der Begriff "direkte Anschlussflüge" ist dahin zu verstehen, dass er zwei oder mehr Flüge bezeichnet, die für die Zwecke des in der Verordnung geregelten Ausgleichsanspruchs von Fluggästen eine Gesamtheit darstellen. Eine solche Gesamtheit liegt vor, wenn zwei oder mehrere Flüge Gegenstand einer einzigen Buchung waren. Hier war der Abflugort Stuttgart und lag damit in einem Mitgliedstaat der EU.

Hinweis: Bei verspäteten Flügen sollten Reisende stets prüfen, ob sie Ansprüche aus der EU-Fluggastrechteverordnung haben. Die Entschädigung beträgt je nach gebuchter Flugstrecke zwischen 125 EUR und 600 EUR.


Quelle: BGH, Urt. v. 09.05.2023 - X ZR 15/20
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2023)

Lockdowns und Nutzungseinschränkungen: Nur schwere Verletzung von Vertragspflichten rechtfertigt Fitnessstudiokündigung

Kein Monat ohne Entscheidungen rund um die rechtlichen Folgen der COVID-19-Pandemie. Man ahnt, dass dies bei den verschiedenen rechtlichen Bereichen zu diesem Thema noch eine ganze Weile andauern wird. Denn auch für die Rechtsprechung war und ist die Auseinandersetzung mit den Konsequenzen ein weites Feld. Daher ging die Frage, wann der Vertrag mit dem Fitnessstudio kündbar ist - und wann eben nicht - auch bis vor den Bundesgerichtshof (BGH).

Kein Monat ohne Entscheidungen rund um die rechtlichen Folgen der COVID-19-Pandemie. Man ahnt, dass dies bei den verschiedenen rechtlichen Bereichen zu diesem Thema noch eine ganze Weile andauern wird. Denn auch für die Rechtsprechung war und ist die Auseinandersetzung mit den Konsequenzen ein weites Feld. Daher ging die Frage, wann der Vertrag mit dem Fitnessstudio kündbar ist - und wann eben nicht - auch bis vor den Bundesgerichtshof (BGH).

Eine Frau war seit Dezember 2019 Mitglied in einem Fitnessstudio. Die Laufzeit des Vertrags betrug 100 Wochen - also knapp zwei Jahre. Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie musste die Betreiberin das Fitnessstudio von Mitte März bis Mitte Mai im ersten sogenannten Lockdown schließen. Die Mitgliedsbeiträge von monatlich 34,95 EUR zog das Studio zwar weiterhin vom Konto der Frau ein, bot ihr dafür aber kostenlose Trainingswochen nach Wiedereröffnung des Fitnessstudios an. Am 31.05.2020 unterzeichnete die Sportlerin einen "Ruhezeitantrag" über eine Unterbrechung der Mitgliedschaft für zehn Wochen. Nach der Wiedereröffnung des Fitnessstudios bestanden aufgrund der hoheitlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie verschiedene Nutzungseinschränkungen, insbesondere konnten die Duschen und die Sauna nicht genutzt werden. Am 02.11.2020 musste das Fitnessstudio dann erneut schließen. Während dieses zweiten Lockdowns, der bis zum 31.05.2021 dauerte, zog das Fitnessstudio keine Mitgliedsbeiträge ein. Die Sportlerin kündigte ihre Mitgliedschaft im November 2020 dennoch. Als das Fitnessstudio die Kündigung nicht akzeptierte, legte sie eine Klage ein auf Feststellung, dass das Vertragsverhältnis beendet ist - ohne Erfolg.

Die außerordentliche Kündigung eines Fitnessstudiovertrags durch die Kundin mit der Begründung, sie könne wegen pandemiebedingten Betriebsschließungen und -beschränkungen das Fitnessstudio nicht im vertraglich vereinbarten Umfang nutzen, kommt nur im Ausnahmefall in Betracht. Die Verletzung vertraglicher Pflichten berechtigt zur außerordentlichen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses nur, wenn sie so schwerwiegend ist, dass durch sie das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragspartnern in einem Maß beeinträchtigt wird, dass der Kündigenden ein Festhalten an dem Vertrag nicht mehr zumutbar ist. Und dies war laut BGH vorliegend nicht der Fall.

Hinweis: Wegen coronabedingter Schließungen durften also in der Regel Fitnessstudioverträge nicht außerordentlich gekündigt werden. Das wird insolventen Fitnessstudiobetreibern nun aber auch nicht mehr helfen.


Quelle: BGH, Urt. v. 19.04.2023 - XII ZR 24/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2023)

Gekündigter Gewerberaummietvertrag: Kein Zurückbehaltungsrecht bei fehlender Rechnung für Gewerberäume

Für Gewerbetreibende ist die Umsatzsteuer ein durchlaufender Posten. Sie wird eingenommen und an das Finanzamt abgeführt. Wer als Gewerbetreibender etwas kauft, erhält die Umsatzsteuer vom Finanzamt erstattet. Voraussetzung für Letzteres: das Vorliegen einer Rechnung. Wie verhält es sich aber hinsichtlich dieser Regelung im Mietrecht? Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) musste hierauf eine Antwort finden.

Für Gewerbetreibende ist die Umsatzsteuer ein durchlaufender Posten. Sie wird eingenommen und an das Finanzamt abgeführt. Wer als Gewerbetreibender etwas kauft, erhält die Umsatzsteuer vom Finanzamt erstattet. Voraussetzung für Letzteres: das Vorliegen einer Rechnung. Wie verhält es sich aber hinsichtlich dieser Regelung im Mietrecht? Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) musste hierauf eine Antwort finden.

Ein Mann mietete Gewerberäume mit einer festen Laufzeit von zwei Jahren. Im Mietvertrag vereinbarten die Parteien eine monatlich im Voraus zu zahlende Nettokaltmiete von 1.650 EUR zuzüglich der jeweils geltenden gesetzlichen Mehrwertsteuer. In dem Gewerberaummietvertrag war die Steuernummer der Vermieterin angegeben. Trotzdem zahlte der Mann die Miete nicht. Kurze Zeit später kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs von mehr als zwei Monatsmieten und erhob schließlich eine Klage auf Zahlung rückständiger Mieten über fast 43.000 EUR. Der Mieter berief sich auf ein angebliches Zurückbehaltungsrecht. Er war der Ansicht, die vorgelegte Dauerrechnung genüge nicht den Anforderungen des § 14 Umsatzsteuergesetz (UStG), enthalte insbesondere nicht alle erforderlichen Angaben, etwa diejenige der Rechnungsnummer. Sein Zurückbehaltungsrecht habe er durch schlichte Nichtzahlung ausgeübt. Dazu sei er bis zur Vorlage einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Rechnung berechtigt gewesen.

Mit dieser Argumentation kam er vor dem OLG jedoch nicht durch. Die Rechnungslegung nach dem UStG ist nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich keine Fälligkeitsvoraussetzung. Das bloße Schweigen auf die Leistungsaufforderung und die Verweigerung der Leistung ohne gleichzeitige Geltendmachung des Gegenanspruchs stellten zudem noch keine Ausübung des Zurückbehaltungsrechts dar.

Hinweis: Der Vermieter muss dem Mieter also tatsächlich eine Rechnung im Gewerbesteuermietrecht erteilen. Wird diese nicht erteilt, führt das aber nicht dazu, dass der Mieter einfach nicht zahlen muss.


Quelle: Brandenburgisches OLG, Urt. v. 14.03.2023 - 3 U 16/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Arglist nicht nachweisbar: Keine Anzeichen für akuten Marderbefall beim Hausverkauf

Mängel am Haus sollte der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss mitteilen und auch im notariellen Kaufvertrag festhalten. Wenn dem Verkäufer ein Schaden zum Zeitpunkt des Verkaufs jedoch nicht bekannt ist, soll ihm daraus auch später kein Strick gedreht werden können. Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) musste diese Regelung nun in die Realität übersetzen, bei der es - wie so oft - darum ging, Beweise zu erbringen, die manchmal nur schwerlich zu erbringen sind.

Mängel am Haus sollte der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss mitteilen und auch im notariellen Kaufvertrag festhalten. Wenn dem Verkäufer ein Schaden zum Zeitpunkt des Verkaufs jedoch nicht bekannt ist, soll ihm daraus auch später kein Strick gedreht werden können. Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) musste diese Regelung nun in die Realität übersetzen, bei der es - wie so oft - darum ging, Beweise zu erbringen, die manchmal nur schwerlich zu erbringen sind.

Eine Frau kaufte ein Haus. Während der nachfolgenden Renovierungsarbeiten sechs Monate später stellte sie Schäden an der Wärmedämmung am Dach fest. Sie holte ein Gutachten ein, aus dem sich ergab, dass in der Vergangenheit mehrere Marder auf dem Dachboden gelebt hatten, was zu erheblicher Geräuschentwicklung, erheblicher Kotansammlung und Schäden in der Dämmung geführt hatte. Sie verlangte deshalb von dem Verkäufer Schadensersatz. Der Verkäufer wies eine Haftung zurück. Ihm sei von einem Marderbefall nichts bekannt gewesen. Deshalb klagte die Frau - vergeblich.

Vor dem OLG konnte die Käuferin schlichtweg nicht beweisen, dass ihr der Verkäufer einen akuten Marderbefall arglistig verschwiegen hatte. Schließlich war ihr selbst der Befall auch erst sechs Monate später anlässlich der Renovierung aufgefallen. Der Verkäufer hatte das Haus auch nur zwei Jahre bewohnt. Zwar hatte ihm der Vorbesitzer von einem Marderbefall berichtet. Es ist aber für das Gericht durchaus glaubhaft gewesen, dass der Verkäufer keine Anzeichen für einen akuten Marderbefall bemerkt habe. Insofern bestand auch keine Aufklärungspflicht, und ein arglistiges Verhalten war nicht zu beweisen.

Hinweis: Natürlich gehört ein Gewährleistungsausschluss für den Verkäufer in jeden notariellen Kaufvertrag über eine Wohnung oder ein Haus. Der greift jedoch nicht, wenn der Verkäufer Mängel bewusst oder arglistig verschwiegen hat.


Quelle: OLG Oldenburg, Urt. v. 07.03.2023 - 12 U 130/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Schlüssel weg: Ersatz einer Schließanlage kann kostspielig werden

Ein verlorener oder gar gestohlener Schlüssel ist ein Ärgernis, das viele nachvollziehen können. Wenn der Schlüssel sogar einer Schließanlage zugehörig war, können neben dem privaten Ungemach noch empfindliche Kosten auf den Unglücksraben zukommen. Wie es sich dann mit deren Verteilung verhält, musste das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) klären.

Ein verlorener oder gar gestohlener Schlüssel ist ein Ärgernis, das viele nachvollziehen können. Wenn der Schlüssel sogar einer Schließanlage zugehörig war, können neben dem privaten Ungemach noch empfindliche Kosten auf den Unglücksraben zukommen. Wie es sich dann mit deren Verteilung verhält, musste das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) klären.

Eine Mieterin ließ ihren Kellerschlüssel im Schloss der offenen Kellertür stecken. Eine unbekannte Person verschloss die Tür, sperrte ab und nahm den Schlüssel mit. Dummerweise gehörte dieser Schlüssel zu einer erweiterbaren Schließanlage und passte zudem in die Schlösser von Haustür, Kellergängen, Müllhaus und Tiefgarage. Nach dem Verlust des Schlüssels kam es schließlich wiederholt zu Diebstählen in der Tiefgarage des Gebäudes. Daraufhin ließ die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) eine neue Schließanlage für fast 7.000 EUR einbauen und verlangte die Summe vom Vermieter der Mieterin - also dem Eigentümer der Mietwohnung - ersetzt. Schließlich klagte die WEG.

Die WEG erhielt vom OLG jedoch lediglich ein Viertel des entstandenen Schadens zugesprochen. Den Schlüssel stecken zu lassen, war zwar durchaus fahrlässig von der Mieterin, denn die verkehrsübliche Sorgfalt gebiete es, einen Schlüssel sorgsam zu verwahren. Die Kosten einer neuen Schließanlage können nur ersetzt werden, wenn die Schließanlage auch tatsächlich ausgetauscht wird und wenn sich der Geschädigte aus objektiver Sicht unter den konkret gegebenen Einzelfallumständen zur Beseitigung einer fortbestehenden Missbrauchsgefahr veranlasst sieht. Trotzdem musste der Vermieter nur ein Viertel des Schadens übernehmen. Denn der Schadensersatzanspruch reduziere sich wegen eines vorzunehmenden Abzugs "neu für alt" auf null. Laut Schätzung des OLG sei die Anlage mindestens 24 Jahre alt gewesen. Zudem behauptete der Beklagte, dass weitere Schlüssel abhanden gekommen seien, was von der Klägerin nicht ausreichend habe entkräftet werden können. Dafür hätte konkret vorgetragen werden müssen, wie viele Schlüssel ausgehändigt worden und wie viele zum Zeitpunkt des betreffenden Abhandenkommens noch vorhanden gewesen seien.

Hinweis: Kommt ein Schlüssel einer Schließanlage abhanden, ist wichtig, unter welchen Umständen der Schlüssel verloren wurde. Wird beispielsweise am Strand auf Mallorca der Hausschlüssel für die Wohnung in Hamburg verloren, wird kein Schadensersatz zu leisten sein - mit Ausnahme des einzelnen Schlüssels. Denn in einem solchen Fall ist nicht zu erwarten, dass der Finder des Schlüssels eine Verbindung zu der Wohnung in Hamburg herstellen kann.


Quelle: Brandenburgisches OLG, Urt. v. 27.04.2023 - 10 U 100/22
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Trunkenheitsfahrt mit E-Scooter: Regelvermutung für die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen

Wie in einem Uhrwerk können auch auf unseren Straßen bereits die kleinsten (Zahn-)Räder große Schäden anrichten. Das sollte jedem erwachsenen Verkehrsteilnehmer bewusst sein - besonders dann, wenn dieser nachweislich eine Fahrprüfung erfolgreich absolviert hat. In disem Fall musste das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) daher auch entscheiden, ob eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter den Entzug der Fahrerlaubnis nach sich ziehen kann. Wer sich daran erinnert, wie es sich sogar mit den Folgen einer Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad verhalten kann, ahnt, wie die Antwort ausfiel.

Wie in einem Uhrwerk können auch auf unseren Straßen bereits die kleinsten (Zahn-)Räder große Schäden anrichten. Das sollte jedem erwachsenen Verkehrsteilnehmer bewusst sein - besonders dann, wenn dieser nachweislich eine Fahrprüfung erfolgreich absolviert hat. In disem Fall musste das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) daher auch entscheiden, ob eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter den Entzug der Fahrerlaubnis nach sich ziehen kann. Wer sich daran erinnert, wie es sich sogar mit den Folgen einer Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad verhalten kann, ahnt, wie die Antwort ausfiel.

Der Angeklagte hatte sich spontan dazu entschlossen, nach einem Kneipenbesuch einen E-Scooter für die Heimfahrt zu nutzen. Seine Blutalkoholkonzentration lag bei mindestens 1,64 ‰. Das erstinstanzliche Amtsgericht (AG) hatte ihn daraufhin zwar wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe und einem Fahrverbot von sechs Monaten verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde dem Angeklagten jedoch nicht entzogen. Hiergegen wandte sich die Amtsanwaltschaft mit einer sogenannten Sprungrevision, mit der das Rechtsmittel der Revision direkt gegen erstinstanzliche Entscheidungen der unteren Gerichte eingelegt und die Zweitinstanz übersprungen wird.

Das OLG hat das Urteil dahingehend aufgehoben, dass das AG die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Bestimmung einer Sperrfrist für die Neuerteilung abgelehnt hatte. Denn nach Ansicht des OLG war die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen, da sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet war. Es besteht weder Raum für ein Ermessen des Tatrichters noch findet eine Verhältnismäßigkeitsprüfung statt. Der Umstand, dass der Angeklagte nicht Auto, sondern E-Scooter gefahren ist, sei unerheblich. Auch der Hinweis des AG, dass die Benutzung eines E-Scooters durch einen betrunkenen Fahrer andere Menschen nicht in gleichem Maße gefährde wie die Trunkenheitsfahrt eines Kraftfahrzeugfahrers, überzeugte das OLG nicht. Der Sturz eines Fußgängers oder Radfahrers könne ganz erhebliche, unter Umständen sogar tödliche Verletzungen verursachen, insbesondere bei Ausweichmanövern stärker motorisierter Verkehrsteilnehmer durch alkoholbedingte Fahrfehler eines E-Scooter-Fahrers. Der Angeklagte hat durch seine gedankenlose Nutzung eines E-Scooters in erheblich alkoholisiertem Zustand die Katalogtat der fahrlässigen Trunkenheitsfahrt erfüllt und sich damit als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.

Hinweis: Die Begehung einer Trunkenheitsfahrt - wie hier - begründet eine Regelvermutung für die Ungeeignetheit des Täters zum Führen von Kraftfahrzeugen, § 69 Strafgesetzbuch. Nur wenn sich die Tatumstände von denen eines Durchschnittsfalls deutlich abheben, kann in seltenen Ausnahmefällen von der Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen werden. Mit der Entziehung der Fahrerlaubnis soll nicht nur verhindert werden, dass der Täter weiterhin betrunken Kraftfahrzeuge fährt. Bezweckt wird vielmehr ganz allgemein der Schutz der Sicherheit des Straßenverkehrs.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 08.05.2023 - 1 Ss 276/22
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Schienen, Wasserstraßen, Menschenansammlung: Bußgeld für Drohnenpiloten nach diversen Ordnungswidrigkeiten

Mit Kamerafahrten, die noch vor nicht allzu langer Zeit nur Profis mit immens hohem technischen Aufwand vorbehalten waren, kann heute dank Drohnen nahezu jeder Hobbypilot beeindruckend punkten. Doch der Blick von oben ist nicht so regelfrei, wie es einige meinen. Das Amtsgericht Schwerin (AG) musste im Folgenden über die korrekte Nutzung des Verkehrsraums, der oberhalb unserer Köpfe liegt, entscheiden.

Mit Kamerafahrten, die noch vor nicht allzu langer Zeit nur Profis mit immens hohem technischen Aufwand vorbehalten waren, kann heute dank Drohnen nahezu jeder Hobbypilot beeindruckend punkten. Doch der Blick von oben ist nicht so regelfrei, wie es einige meinen. Das Amtsgericht Schwerin (AG) musste im Folgenden über die korrekte Nutzung des Verkehrsraums, der oberhalb unserer Köpfe liegt, entscheiden.

Eine nicht gekennzeichnete Drohne flog über eine Bundesfernstraße, eine Bundeswasserstraße, eine Bahnlinie sowie über eine Ansammlung von mehr als 1.000 Personen. Und obwohl es sich bei dem Flugobjekt um eine kleinere Ausführung unterhalb von 250 Gramm handelte, wurden diese Flugmanöver von der Polizei beobachtet.

Der Drohnenführer wurde schließlich vom AG zu einer Geldbuße von 1.250 EUR verurteilt. Er meinte jedoch, alle Abstände zu Schienen und Wasserstraßen eingehalten zu haben. Damit, dass mitten in der Coronazeit eine Menschenansammlung von mehr als 1.000 Personen auftauchen würde, habe er nicht rechnen können. Diese Einwände halfen nicht, da die Polizei den Drohnenführer erkannte - dieser hatte nämlich behauptet, die Drohnen nicht gesteuert zu haben. Zugleich konnten die Ordnungshüter belegen, dass er die vorgeschriebenen Mindestabstände zur Bundesstraße, zur Bundeswasserstraße und zu einer Bahnlinie nicht eingehalten habe. Außerdem flog der Betroffene seine Drohne verbotenerweise über eine Menschenansammlung. Der Betroffene hatte die Drohne zudem nicht mit einer Registrierung versehen. Diese Pflicht gilt aber auch für 249-Gramm-Drohnen, wenn sie - wie hier - eine Kamera haben. Somit habe eine Mehrzahl von Ordnungswidrigkeiten nachgewiesen werden können, die das entsprechende Bußgeld rechtfertigte.

Hinweis: Wer sich wundert, nicht öfters von Urteilen zu verbotenen Drohnenflügen zu lesen - leider gilt auch hier: Wer schwer zu sehen und zudem auch noch extrem flink und wendig ist, hat schlicht und ergreifend bei Missetaten oft die entscheidenden Trümpfe in der Hand.


Quelle: AG Schwerin, Urt. v. 05.04.2023 - 35 OWi 6/23
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)

Kein Mitbestimmungsrecht: Betriebsrat muss bei Gehaltskürzung seines Vorsitzenden nicht gefragt werden

Hintergrund dieses Verfahrens ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Anfang des Jahres, wonach die Vergütung von Betriebsräten bei Volkswagen viel zu hoch gewesen ist. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) wurde daher mit der Beantwortung der Frage beauftragt, ob es sich bei der Gehaltskürzung eines freigestellten Betriebsratsvorsitzenden um eine Umgruppierung gehandelt habe, an der der Betriebsrat hätte beteiligt werden müssen.

Hintergrund dieses Verfahrens ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom Anfang des Jahres, wonach die Vergütung von Betriebsräten bei Volkswagen viel zu hoch gewesen ist. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (LAG) wurde daher mit der Beantwortung der Frage beauftragt, ob es sich bei der Gehaltskürzung eines freigestellten Betriebsratsvorsitzenden um eine Umgruppierung gehandelt habe, an der der Betriebsrat hätte beteiligt werden müssen.

Es ging um ein Großkraftwerk mit 500 Arbeitnehmern und einem elfköpfigen Betriebsrat. Der Betriebsratsvorsitzende, der bereits 1994 in den Betriebsrat gewählt wurde, war seit dem Jahr 1998 von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Vorsitzender des Betriebsrats wurde er im März 2002. Bis zu seiner Freistellung war er als Schlosser tätig und wurde nach dem Haustarifvertrag eingruppiert und bezahlt. Seit 2006 wurde er als außertariflicher Angestellter geführt und vergütet. Im Jahr 2011 erhielt er sogar noch einen Dienstwagen mit privater Nutzungsmöglichkeit. Mitte letzten Jahres kürzte das Unternehmen dann die Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden und entzog ihm den Dienstwagen.

Die Vergütung sei nach Auffassung des Arbeitgebers auf Grundlage der Vergütungsentwicklung derjenigen Arbeitnehmer zu ermitteln, die mit dem Betriebsratsvorsitzenden vor dessen Amtsantritt als Betriebsrat vergleichbar gewesen sind. Außerdem seien die Regelungen aus dem Haustarifvertrag zu beachten. Das Betriebsratsgremium meinte nun, dass es sich bei der Vergütungskürzung um eine Umgruppierung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes handeln würde. Bei Umgruppierungen sei jedoch der Betriebsrat zu beteiligen. Daher leitete dieser ein Beschlussverfahren ein und verlangte, dass er bei der Kürzung der Vergütung seines Vorsitzenden mitzubestimmen hätte.

Das LAG sah dies anders. Das Unternehmen musste den Betriebsrat nicht beteiligen. Der Betriebsratsvorsitzende übte schließlich gar keine Tätigkeiten aus, die in Anwendung einer einschlägigen kollektiven Vergütungsordnung im Sinne einer Eingruppierung bzw. Umgruppierung hätte bewertet werden können. Die Ermittlung des Vergleichsentgelts und die hierauf erfolgte Vergütungskürzung beruhten vielmehr auf einer bloßen Durchschnittsberechnung der von anderen Arbeitnehmern bezogenen Vergütung.

Hinweis: Das Gericht hat ausdrücklich nicht über die Frage entschieden, ob die Gehaltskürzung und der Entzug des Dienstwagens rechtmäßig waren. Das wird vermutlich Gegenstand eines weiteren Gerichtsverfahrens zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden und dem Unternehmen sein.


Quelle: LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.05.2023 - 12 TaBV 1/23
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 08/2023)