Neuigkeiten - Recht

Haft und Schadensersatz: Kein Verjährungsschutz bei vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträgen

Das Landgericht Lübeck (LG) musste sich mit der Frage beschäftigen, ob sich ein ehemaliger Geschäftsführer auf Verjährung berufen kann, wenn er Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt hat. Es ging um eine gesetzliche Krankenkasse, die Schadensersatz verlangte, den die Deutsche Rentenversicherung (DRV) für sie geltend machte. Dass der Mann für seine 41fache Veruntreuung der Sozialleistungen sogar ins Gefängnis musste, half ihm bei der Nachforderung nichts.

Das Landgericht Lübeck (LG) musste sich mit der Frage beschäftigen, ob sich ein ehemaliger Geschäftsführer auf Verjährung berufen kann, wenn er Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt hat. Es ging um eine gesetzliche Krankenkasse, die Schadensersatz verlangte, den die Deutsche Rentenversicherung (DRV) für sie geltend machte. Dass der Mann für seine 41fache Veruntreuung der Sozialleistungen sogar ins Gefängnis musste, half ihm bei der Nachforderung nichts.

Der Geschäftsführer einer GmbH hatte zwischen 2016 und 2018 mehrere Beschäftigte nicht zur Sozialversicherung gemeldet und dadurch einige fällige Beiträge eingespart. Nachdem das Hauptzollamt den Missstand entdeckt hatte, übernahm die DRV daraufhin die Prüfung. Die DRV stellte im Januar 2020 schließlich fest, wie viele Beiträge fehlten. Im Insolvenzverfahren der GmbH erhielt die Krankenkasse jedoch nur einen geringen Anteil, weshalb sie im September 2022 vom Geschäftsführer persönlich knapp 187.000 EUR Schadensersatz für das Jahr 2016 einforderte. Dieser meinte hingegen, die Forderung sei verjährt. Die Klage sei nicht rechtzeitig zugestellt worden, unter der angegebenen Adresse habe er zudem nicht gewohnt.

Das LG sah das anders. Die dreijährige Verjährungsfrist habe erst Ende 2019 zu laufen begonnen - für einen Schaden, der aufgrund der unterbliebenen Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen im Jahr 2016 entstanden war. Hiervon hatte die DRV 2019 Kenntnis erlangt - und eben dies sei entscheidend, nicht etwa die Kenntnisnahme der Krankenkasse. Auch sei die Klage "demnächst" im Sinne des Gesetzes zugestellt worden - die Verzögerung durch die falsche Adresse sei der Klägerin nicht anzulasten. Zudem habe die Klägerin rechtzeitig Gerichtskosten gezahlt und das Verfahren nach der strafrechtlichen Verurteilung des Geschäftsführers - er wurde 2023 wegen Vorenthaltens und Veruntreuung von Sozialversicherungsbeiträgen in 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt - wieder aufgenommen. Die Verjährung sei dadurch rechtzeitig gehemmt worden.

Hinweis: Wenn Arbeitgeber Beiträge zur Sozialversicherung nicht abführen, kann das teuer werden - auch noch Jahre später. Entscheidend für die Verjährung ist die Kenntnis der Rentenversicherung, nicht der Krankenkasse. Wer hofft, sich durch Formfehler der Haftung zu entziehen, hat schlechte Karten.


Quelle: LG Lübeck, Urt. v. 25.04.2025 - 10 O 255/23
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2025)

Nicht schwerwiegend genug: Verweigerung von Wohnungsbesichtigung reicht nicht für eine Kündigung

Auch bei weniger liebsamen Mietern darf es nicht so leicht sein, ihnen zu kündigen, wie es sich diese Vermieterin  machen wollte. Das Landgericht München I (LG) hatte sich mit der Frage beschäftigt, ob die Weigerung zu einer Wohnungsbesichtigung einer 84-jährigen Mieterin, die seit Jahrzehnten in ihrer Wohnung lebte, ein triftiger Grund sein kann, ihr den Wohnraum zu kündigen.

Auch bei weniger liebsamen Mietern darf es nicht so leicht sein, ihnen zu kündigen, wie es sich diese Vermieterin  machen wollte. Das Landgericht München I (LG) hatte sich mit der Frage beschäftigt, ob die Weigerung zu einer Wohnungsbesichtigung einer 84-jährigen Mieterin, die seit Jahrzehnten in ihrer Wohnung lebte, ein triftiger Grund sein kann, ihr den Wohnraum zu kündigen.

Eine Frau hatte sich bei ihrer Hausverwaltung beschwert, aus der Wohnung der Nachbarin dringe unangenehmer Geruch. Vor allem aber beklagte sie sich über das Verhalten des Sohns der Nachbarin im Treppenhaus. Die Vermieterin wollte daraufhin die Wohnung besichtigen und schlug mehrfach Termine vor. Die Mieterin schickte die Briefe aber jeweils ungeöffnet zurück und reagierte nicht weiter. Daraufhin kündigte ihr die Vermieterin fristlos, hilfsweise ordentlich. Die Mieterin widersprach der Kündigung. Das Amtsgericht gab zunächst der Vermieterin recht und verurteilte die Mieterin zur Räumung.

In der Berufung hob das LG dieses Urteil aber auf und wies die Klage ab. Das Gericht sah in dem Verhalten der Mieterin keinen ausreichenden Grund für eine Kündigung. Es habe lediglich eine einzelne Beschwerde gegeben, selbst der Hausmeister hatte keine besonderen Auffälligkeiten festgestellt. Der Hinweis auf Gerüche reiche dem Gericht nicht aus, weil diese stark von der Wahrnehmung einzelner Personen abhängen. Auch wenn ein Vermieter grundsätzlich ein Recht auf Wohnungsbesichtigung haben kann, müsse der Anlass dafür konkret und nachvollziehbar sein. Eine pauschale Vermutung genüge nicht. Außerdem dürfe die Verweigerung der Besichtigung nur dann zur Kündigung führen, wenn sie schwer wiegt - das war hier nicht der Fall.

Hinweis: Auch bei Streit über Besichtigungen darf ein Vermieter nicht vorschnell kündigen. Entscheidend sind die Umstände im Einzelfall. Nicht jede Verweigerung reicht als Kündigungsgrund aus.


Quelle: LG München I, Urt. v. 07.02.2025 - 14 S 10625/23
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Ungültige AGB-Klausel: Trotz "Fund" und Rückgabe von 600.000 EUR geht Entrümpelungsfirma leer aus

So mancher Geschäftszweig bringt es mit sich, des Öfteren mit vollen Händen ins Glück zu fassen. In diesem Fall meldete eine Entrümpelungsfirma Anspruch auf einen Teil von über 600.000 EUR Bargeld an, das sie bei einer Wohnungsauflösung gefunden hatte - und zwar 100.000 EUR. Ob dieser stolze Betrag als Finderlohn oder mit Verweis auf eine Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu Recht eingefordert wurde, musste das Landgericht Köln (LG) bewerten.

So mancher Geschäftszweig bringt es mit sich, des Öfteren mit vollen Händen ins Glück zu fassen. In diesem Fall meldete eine Entrümpelungsfirma Anspruch auf einen Teil von über 600.000 EUR Bargeld an, das sie bei einer Wohnungsauflösung gefunden hatte - und zwar 100.000 EUR. Ob dieser stolze Betrag als Finderlohn oder mit Verweis auf eine Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu Recht eingefordert wurde, musste das Landgericht Köln (LG) bewerten.

Die Firma aus Bayern hatte die Wohnung einer Frau aufgeräumt, die nach Köln umziehen wollte. In der Wohnung fand das Team in Windelpackungen und anderen Verstecken Bargeld, Schmuck und Münzen. Insgesamt ging es um Werte im sechsstelligen Bereich. Laut AGB der Firma sollten alle Gegenstände in der Wohnung automatisch in ihr Eigentum übergehen, sobald die Arbeit beginnt. Die Firma gab das gefundene Geld aber auf Wunsch des Betreuers der Auftraggeberin an dessen Kollegin heraus. Später verlangte das Unternehmen dann doch noch Geld dafür - als Bezahlung oder wenigstens als Finderlohn.

Das LG sah für diesen Anspruch allerdings keine rechtliche Grundlage. Die Klausel in den AGB war schlichtweg unwirksam, da sie die Auftraggeberin unangemessen benachteiligt hatte. Niemand könne allein durch Vertragsklauseln einfach Eigentum an fremden Sachen erhalten. Das gelte besonders, wenn es um Wertgegenstände gehe, die an schwer zugänglichen Orten versteckt waren und bei einer normalen Wohnungsdurchsicht nicht auffallen konnten. Auch ein Finderlohn sei ausgeschlossen, weil das Geld nicht "verloren" gewesen sei. Die Wohnung und ihre Inhalte hätten weiterhin im dem Besitz der Auftraggeberin gestanden. Damit lag logischerweise auch kein Fund im rechtlichen Sinn vor.

Hinweis: Wertvolle Gegenstände in einer Wohnung gehören nicht automatisch der Entrümpelungsfirma. Wer sie findet, kann nicht ohne weiteres Eigentum oder Finderlohn verlangen. Ein klarer Vertrag oder eine besondere Vereinbarung wären nötig gewesen.


Quelle: LG Köln, Urt. v. 08.05.2025 - 15 O 56/25
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2025)

Kein Schmerzensgeld: Auf Friedhöfen muss mit Unebenheiten und kleinen Stolperfallen gerechnet werden

Man pflanzt, zupft und gießt und plötzlich liegt man darnieder? Auf einem Friedhof gut möglich, wenn man nicht auf die naturgemäßen Unebenheiten achtet, die eine solche Ruhestätte nun einmal mit sich bringt. Das Landgericht Köln (LG) musste kürzlich entschieden, ob eine alte Dame nach ihrem Sturz auf einem Friedhof in Bergisch Gladbach dennoch einen berechtigten Anspruch auf Schmerzensgeld hat.

Man pflanzt, zupft und gießt und plötzlich liegt man darnieder? Auf einem Friedhof gut möglich, wenn man nicht auf die naturgemäßen Unebenheiten achtet, die eine solche Ruhestätte nun einmal mit sich bringt. Das Landgericht Köln (LG) musste kürzlich entschieden, ob eine alte Dame nach ihrem Sturz auf einem Friedhof in Bergisch Gladbach dennoch einen berechtigten Anspruch auf Schmerzensgeld hat.

Die 79-Jährige war im Mai 2023 auf einem Friedhof vor einer Grabstelle gestürzt und hatte sich dabei den Oberschenkel gebrochen. Sie meinte, dass ein Betonsockel und Wurzeln durch Regen freigespült worden seien und dadurch eine gefährliche Stolperfalle entstanden sei. Diese Stelle habe sie nicht erkennen können. Die Stadt habe somit ihre Pflicht verletzt, für sichere Wege zu sorgen. Deshalb forderte die Frau 3.300 EUR Schmerzensgeld und klagte. Die Stadt sah das anders: Die Unebenheiten seien durchaus sichtbar gewesen, die Wurzeln hätten maximal eineinhalb Zentimeter aus dem Boden geragt, und auf einem Friedhof hätte die Frau mit derlei Stellen rechnen müssen. Außerdem sei der Unfall nicht auf einem Hauptweg passiert, sondern direkt an der Grabstelle.

Das LG schloss sich dieser Auffassung an und wies die Klage ab. Nach Ansicht des Gerichts hatte die Stadt keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Denn Fotos zeigten, dass die Stelle nicht gefährlich gewesen sei. Selbst auf normalen Gehwegen müsse man kleinere Höhenunterschiede von bis zu zwei Zentimetern hinnehmen - erst recht gelte das auf einem Friedhof. Dort müsse man mit Wurzeln, Bodenunebenheiten oder anderen natürlichen Hindernissen rechnen. Außerdem befand sich die Frau nicht auf einem Weg, sondern an einer Grabstelle. Wer sich dort bewege, müsse besonders aufmerksam sein.

Hinweis: Wer sich auf einem Friedhof bewegt, muss mit kleineren Unebenheiten rechnen. Eine Stadt muss nicht jede Wurzel oder jeden Sockel absichern. Nur bei klar gefährlichen Stellen besteht eine Pflicht, diese zu beseitigen oder zumindest zu kennzeichnen.


Quelle: LG Köln, Urt. v. 14.01.2025 - 5 O 245/24
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2025)

Als Garnihotel geplant: Vermieterin darf fristlose Kündigung nach ungenehmigter Flüchtlingsunterbringung aussprechen

Wer einen Beherbergungsbetrieb plant, sollte wissen, dass nicht jede Form, Obdach gegen Geld anzubieten, mit einem Hotelbetrieb vergleichbar ist. Ein Hotel hat beispielsweise unterschiedliche und meist schnell wechselnde Mieter. Das Oberlandesgericht Celle (OLG) musste nun entschieden, ob ein Vermieter den Mietvertrag fristlos kündigen darf, wenn sein Mieter ohne Absprache ein Hotel komplett zur Flüchtlingsunterbringung an eine Stadt überlässt.

Wer einen Beherbergungsbetrieb plant, sollte wissen, dass nicht jede Form, Obdach gegen Geld anzubieten, mit einem Hotelbetrieb vergleichbar ist. Ein Hotel hat beispielsweise unterschiedliche und meist schnell wechselnde Mieter. Das Oberlandesgericht Celle (OLG) musste nun entschieden, ob ein Vermieter den Mietvertrag fristlos kündigen darf, wenn sein Mieter ohne Absprache ein Hotel komplett zur Flüchtlingsunterbringung an eine Stadt überlässt.

Ein Hotelbetreiber hatte im Jahr 2008 Räume angemietet, um dort ein Garnihotel der gehobenen Mittelklasse zu eröffnen. Im Jahr 2022 schloss er dann aber mit der Stadt Hannover einen Vertrag, in dem er alle 79 Zimmer des Hotels für die Unterbringung ukrainischer Geflüchteter anbot. Die Stadt nutzte daraufhin das Hotel vollständig als Flüchtlingsunterkunft. Als die Vermieterin davon erfuhr, kündigte sie den Mietvertrag sofort und fristlos, klagte anschließend auf Räumung und verlangte Auskunft über die Einnahmen aus der Beherbergung.

Sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem OLG bekam die Vermieterin Recht. Das Gericht sah in der Komplettüberlassung der Räume an die Stadt einen schweren Vertragsverstoß. Der Mieter hätte die Räume nur als Hotel für normale Gäste nutzen und ohne Zustimmung des Vermieters nicht an Dritte weitergeben dürfen, insbesondere nicht vollständig an eine Kommune. Das OLG stellte dabei klar, dass ein Vermieter kündigen darf, wenn er durch das Verhalten des Mieters stark beeinträchtigt wird oder der Mieter die Räume ohne Erlaubnis jemand anderem überlässt. Auch müsse der Mieter nach der Kündigung Auskunft über seine Einnahmen geben. Ob der Mieter irrtümlich meinte, das Hotel so nutzen zu dürfen, spiele dabei keine Rolle.

Hinweis: Wer Gewerberäume anmietet, darf sie nicht einfach ohne Erlaubnis an Dritte weitergeben - selbst bei nachvollziehbaren Gründen. Sonst droht eine fristlose Kündigung. Das gilt auch dann, wenn die Räume für soziale Zwecke genutzt werden.


Quelle: OLG Celle, Urt. v. 17.04.2025 - 2 U 148/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Belegeinsicht statt Kopieversand: Entfernung zwischen früherer Mietwohnung und Vermieter entscheidet - nicht neuer Wohnort

Raus aus den alten Räumen, rein in die neuen! Selten läuft das reibungslos und ohne Stress. Gern lässt sich der Vermieter Zeit mit der Rückzahlung der Kaution oder zieht einen Betrag ab - so auch hier. Dabei musste das Landgericht Hanau (LG) entschieden, wann es einem Exmieter nicht mehr zumutbar sei, entsprechende Belege vor Ort einzusehen, um die nachträgliche Betriebskostenabrechnung zu überprüfen.

Raus aus den alten Räumen, rein in die neuen! Selten läuft das reibungslos und ohne Stress. Gern lässt sich der Vermieter Zeit mit der Rückzahlung der Kaution oder zieht einen Betrag ab - so auch hier. Dabei musste das Landgericht Hanau (LG) entschieden, wann es einem Exmieter nicht mehr zumutbar sei, entsprechende Belege vor Ort einzusehen, um die nachträgliche Betriebskostenabrechnung zu überprüfen.

Ein ehemaliger Mieter verlangte nach dem Auszug seine Kaution zurück. Der Vermieter erstellte daraufhin noch eine Betriebskostenabrechnung und zog eine Nachzahlung von der Kaution ab. Sein ehemaliger Mieter wohnte inzwischen über 120&c;km entfernt und forderte die postalische Übersendung der Belege per Post. Da er keine Kopien bekam, klagte er auf Auszahlung der gesamten Kaution. Er meinte, der Weg zum Vermieter sei ihm nicht zuzumuten.

Die Klage blieb aber erfolglos - sowohl vor dem Amtsgericht als auch in der Berufung beim LG. Nach Auffassung des Gerichts durfte der Vermieter auf eine Einsichtnahme vor Ort bestehen. Es gebe keinen Anspruch auf Zusendung von Belegkopien, wenn der Mieter einfach nur weiter weg gezogen sei. Entscheidend sei, ob die Einsicht beim Vermieter vom Ort der früheren Mietwohnung aus zumutbar sei. Das war hier der Fall: Die Mietwohnung lag in Frankfurt, der Vermieter in Hanau - eine Entfernung, die laut Gericht gut erreichbar war. Dass der Mieter nun weiter weg wohne, sei seinem eigenen Risiko zuzuschreiben. Zudem habe er die Belege überhaupt nicht eingesehen und seine Einwände gegen die Abrechnung nicht konkret begründet. Damit habe er seine Pflicht zur Belegprüfung nicht erfüllt. Ein wirksames Einsichtnahmeverlangen habe nicht vorgelegen.

Hinweis: Wer Betriebskosten anzweifelt, muss die Belege beim Vermieter einsehen - wenn das vom früheren Wohnort aus zumutbar war. Ein bloßer Wunsch nach Zusendung reicht nicht aus. Wer wegzieht, trägt die Folgen diesbezüglich selbst.


Quelle: LG Hanau, Urt. v. 24.03.2025 - 2 S 43/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Wer zahlt die Tür? Wer die Polizei in die eigene Wohnung ruft und dann nicht öffnet, haftet mit

Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, was wäre, wenn sich die Polizei bei einem Einsatz irrt und plötzlich im eigenen Schlafzimmer steht? Was in vielen Filmen für Schmunzler sorgt, war im Folgenden weder Irrtum noch witzig. Das Landgericht Köln (LG) musste im hier behandelten Fall entschieden, ob Mieter für die Schäden an der Wohnungstür haften können, die sie durch ihr Verhalten und den damit verbundenen Polizeieinsatz mitverursacht haben.

Wer hat sich nicht schon einmal gefragt, was wäre, wenn sich die Polizei bei einem Einsatz irrt und plötzlich im eigenen Schlafzimmer steht? Was in vielen Filmen für Schmunzler sorgt, war im Folgenden weder Irrtum noch witzig. Das Landgericht Köln (LG) musste im hier behandelten Fall entschieden, ob Mieter für die Schäden an der Wohnungstür haften können, die sie durch ihr Verhalten und den damit verbundenen Polizeieinsatz mitverursacht haben.

Ein Bauträger hatte eine Wohnung an eine Käuferin verkauft, die sie dann weitervermietete. Eben jener Mieter wohnte dort mit seinem Ehemann, als es im Juni 2021 zu einem heftigen Streit in den vier Wänden kam. Der Mieter selbst rief die Polizei und sagte am Telefon, dass sein Partner die Wohnung "auseinandernehmen" würde. Als die Polizei schließlich vor Ort eintraf, vernahm sie Lärm, der auf Streit hinwies. Sie klopfte und rief lautstark und gab sich zu erkennen - aber niemand öffnete. Schließlich brach die Polizei die Wohnungstür auf, weil sie von einem Fall häuslicher Gewalt ausgehen musste. Die Tür und besonders die Türzarge wurden dabei so stark beschädigt, dass sich die Reparatur auf über 17.000 EUR belaufen sollte. Die Eigentümerin der Wohnung wollte diesen Betrag von den Mietern zurück.

Das LG sprach ihr einen Teil davon zu. Dabei hatten die beiden Männer, die sich zum Zeitpunkt des Vorfalls in der Wohnung aufhielten, aber noch Glück und mussten "nur" rund 2.135 EUR zahlen. Sie hatten den Polizeieinsatz und damit auch die Türöffnung durch ihr Verhalten schlichtweg mitverursacht. Dass sie die Tür nicht selbst zerstört hatten, spielte dabei keine Rolle. Entscheidend war vielmehr ihr Verhalten, das den Polizeieinsatz notwendig gemacht hatte. Die Beamten hörten den Streit schon beim Betreten des Hauses und hatten gewarnt, dass sie Gewalt anwenden würden, wenn niemand öffnet. Laut Gericht war die Türöffnung daher rechtmäßig.

Hinweis: Wer durch eigenes Verhalten einen Polizeieinsatz auslöst, kann für die dabei entstandenen Schäden haften - auch wenn die Polizei die Schäden verursacht. Das gilt besonders bei Gewalt oder eskalierenden Streits in der Wohnung.


Quelle: LG Köln, Urt. v. 08.04.2025 - 32 O 77/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2025)

Kabelanschluss trotz Kosten: Wohnungseigentümergemeinschaft darf Sammelvertrag abschließen

Jeder Haushalt hatte es mitbekommen: Am 30.06.2024 fiel das Nebenkostenprivileg, das es Vermietern erlaubte, die Kosten für einen Kabelanschluss auch ohne individuelle Zustimmung der Mieter über die Betriebskosten abzurechnen. Das Amtsgericht Hamburg (AG) hatte sich mit der Frage beschäftigt, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) auch nach dem Wegfall einen Sammelvertrag für Kabelfernsehen be- und abschließen durfte.

Jeder Haushalt hatte es mitbekommen: Am 30.06.2024 fiel das Nebenkostenprivileg, das es Vermietern erlaubte, die Kosten für einen Kabelanschluss auch ohne individuelle Zustimmung der Mieter über die Betriebskosten abzurechnen. Das Amtsgericht Hamburg (AG) hatte sich mit der Frage beschäftigt, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) auch nach dem Wegfall einen Sammelvertrag für Kabelfernsehen be- und abschließen durfte.

Die WEG hatte beschlossen, ab Juli 2024 einen neuen Vertrag mit einem Kabelanbieter abzuschließen, für den jeder Eigentümer monatlich 2,26 EUR zahlen sollte, wogegen der leistungsidentische Einzelvertrag 4,90 EUR im Monat gekostet hätte. Ein Eigentümer klagte dennoch gegen den Beschluss. Denn er vermietete seine Wohnung und konnte die Kabelkosten wegen der neuen Gesetzeslage nun ja nicht mehr auf seine Mieter umlegen. Deshalb wollte er die Kosten nicht tragen. Er meinte, der Beschluss sei nur im Interesse der selbstnutzenden Eigentümer getroffen worden und benachteilige alle, die kein Kabelfernsehen wollten oder nicht nutzen könnten.

Das AG sah das anders und bewertete den Beschluss der WEG als rechtmäßig. Die Eigentümer durften gemeinsam entscheiden, wie das Gemeinschaftseigentum verwaltet wird. Auch, wenn nicht alle Eigentümer vom Kabelanschluss profitieren, entsprach der Vertrag einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Die Mehrheit hatte sich für eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung entschieden, bei der der monatliche Preis pro Wohnung deutlich niedriger war als bei Einzelverträgen. Die Belastung der Eigentümer, die den Anschluss nicht nutzen wollten, sei dabei gering. Es spiele auch keine Rolle, dass vermietende Eigentümer die Kosten nicht mehr automatisch auf Mieter umlegen könnten. Denn durch die Sammellösung wurde die Gemeinschaft insgesamt entlastet, was im Interesse aller lag.

Hinweis: WEG dürfen auch dann gemeinsam Kabelverträge abschließen, wenn einzelne Mitglieder davon nicht direkt profitieren. Die Mehrheit entscheidet - solange die Lösung fair und sinnvoll ist.


Quelle: AG Hamburg, Urt. v. 17.01.2025 - 980b C 24/24 WEG
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Unsichere Anlage empfohlen: Bank vermittelt Kundin falschen Eindruck zur Verlässlichkeit von Immobilienfonds

Geldanlagen werden durch die digitalen Angebote nicht unbedingt einfacher. Da ist es gut, einen versierten Berater an seiner Seite zu wissen. Oder etwa nicht? Das Landgericht Stuttgart (LG) hat sich mit der Frage beschäftigt, ob eine Bank bei der Empfehlung eines offenen Immobilienfonds ihre Beratungspflicht verletzt habe. Im Mittelpunkt stand die Beratung einer unerfahrenen Anlegerin, die ihr Geld sicher anlegen wollte.

Geldanlagen werden durch die digitalen Angebote nicht unbedingt einfacher. Da ist es gut, einen versierten Berater an seiner Seite zu wissen. Oder etwa nicht? Das Landgericht Stuttgart (LG) hat sich mit der Frage beschäftigt, ob eine Bank bei der Empfehlung eines offenen Immobilienfonds ihre Beratungspflicht verletzt habe. Im Mittelpunkt stand die Beratung einer unerfahrenen Anlegerin, die ihr Geld sicher anlegen wollte.

Die Kundin hatte sich Anfang 2023 bei ihrer Bank beraten lassen, wie sie 20.000 EUR investieren solle. Sie wollte das Geld für mehr als fünf Jahre anlegen und erklärte, dass sie gewisse Risiken in Kauf nehmen würde. Die Bank entwickelte daraufhin eine Strategie mit vier Bausteinen: zwei Fonds, ein Zertifikat und ein Festgeld. Unter anderem empfahl die Bank zudem einen offenen Immobilienfonds - und genau hier sah das LG den Fehler. Die Kundin hatte keinerlei Erfahrung mit solchen Fonds. Die Bank hatte ihr jedoch den Eindruck vermittelt, dieser Fonds sei besonders sicher und könne als "sicherer Baustein" im Depot dienen - so wie ein Festgeld. Die Kundin kaufte daraufhin Anteile für 5.000 EUR. Später bemerkte sie, dass der Fonds keineswegs so sicher war, wie sie gedacht hatte. Sie fühlte sich falsch beraten und wollte ihr Geld zurück.

Das LG gab ihr Recht: Die Bank hätte deutlicher erklären müssen, dass ein offener Immobilienfonds kein Ersatz für ein Festgeld ist. Auch, wenn das Produkt als risikoarm eingestuft war, unterlag es dennoch Wertschwankungen. Das Risiko, dass sich der Wert verändert oder dass das Fondsmanagement Fehlentscheidungen trifft, gehörte dazu - das hätte die Bank der Kundin deutlich sagen müssen. Weil die Bank dies versäumt hatte, musste sie der Kundin das Geld erstatten. Einen zusätzlichen Anspruch auf entgangene Zinsen oder Gewinne gab es hingegen nicht, da nicht klar war, in welches andere Produkt die Kundin stattdessen investiert hätte.

Hinweis: Wer sich bei Geldanlagen unsicher ist, sollte vor dem Kauf unbedingt nachfragen, wie sicher ein Produkt wirklich ist. Auch vermeintlich "ruhige" Anlagen wie Immobilienfonds können im Wert schwanken. Banken müssen ehrlich beraten - besonders bei Kunden ohne Vorerfahrung.


Quelle: LG Stuttgart, Urt. v. 15.05.2025 - 12 O 287/24
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 08/2025)

Anscheinsbeweis entkräftet: Nicht jeder Auffahrunfall ist allein dem Hintermann anzulasten

Der sogenannte Anscheinsbeweis bricht regelmäßig auftauchende Umstände und ihre entsprechenden Folgen quasi auf Erfahrungswerte herunter - sofern keine ungewöhnlichen Faktoren anderes nahelegen. Der Auffahrunfall ist dabei ein hervorragendes Beispiel für einen Klassiker vor den Verkehrsgerichten. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) klärt auf, welche Umstände eben diesen Anscheinsbeweis, der regelmäßig gegen den Auffahrenden spricht, entkräften können.

Der sogenannte Anscheinsbeweis bricht regelmäßig auftauchende Umstände und ihre entsprechenden Folgen quasi auf Erfahrungswerte herunter - sofern keine ungewöhnlichen Faktoren anderes nahelegen. Der Auffahrunfall ist dabei ein hervorragendes Beispiel für einen Klassiker vor den Verkehrsgerichten. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) klärt auf, welche Umstände eben diesen Anscheinsbeweis, der regelmäßig gegen den Auffahrenden spricht, entkräften können.

Der Fahrer eines bei der Klägerin vollkaskoversicherten Pkw befuhr zunächst die linke von drei Fahrspuren einer Bundesautobahn. Eine Baustelle verengte die Fahrbahn auf zwei Fahrspuren und der Fahrer begann, auf den mittleren Streifen zu wechseln. Wegen des dort starken Verkehrsaufkommens fuhr er jedoch wieder auf die linke Spur zurück, ebenso wie das vor ihm fahrende Fahrzeug. Dann bremste eben dieses bis zum Stillstand ab. Der hinter ihm Fahrende tat dann dasselbe. Der hinter ihm befindliche Beklagte schaffte dies nicht - die beiden kollidierten, er fuhr dem Vordermann auf. Der Schaden des Klägers belief sich auf knapp 60.000 EUR, den dessen Versicherung im Wege des Regresses nun geltend machte.

Das OLG hat der Klage stattgegeben - aber nur zu 50 %. Der grundsätzlich gegen den Auffahrenden geltende Anscheinsbeweis greife hier nicht. Sowohl die unklare Verkehrslage als auch der atypische Geschehensablauf standen dem Anscheinsbeweis entgegen. Zudem sprach gegen den Anscheinsbeweis, dass der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs im unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Unfall einen bereits zur Hälfte vollzogenen Fahrstreifenwechsel unvermittelt abgebrochen hatte. Der Fahrer hatte selbst erklärt, das Beklagtenfahrzeug auf der linken Spur nicht gesehen zu haben. Dies spreche dagegen, dass er sich vorschriftsgemäß durch Rückschau über den rückwärtigen Verkehr auf der linken Spur versichert habe. Hinzu kommt, dass er vor dem Einscheren auf die linke Spur nicht geblinkt und somit für den nachfolgenden Verkehr den Abbruch des zunächst begonnenen Fahrstreifenwechsels auch nicht angezeigt hatte. Der zeitliche und örtliche Zusammenhang mit dem gescheiterten Fahrspurwechsel lag ersichtlich noch vor. Gegen sein alleiniges Verschulden sprach allerdings die unklare Verkehrslage im Hinblick auf das Enden der vom Beklagten benutzten Fahrspur sowie das starke Verkehrsaufkommen, bei dem auch mit dem abrupten Abbremsen vorausfahrender oder die Spur wechselnder Fahrzeuge jederzeit gerechnet werden müsse.

Hinweis: Der grundsätzlich gegen den Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis ist entkräftet, wenn das vorausfahrende Fahrzeug im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Unfall einen bereits zur Hälfte vollzogenen Fahrstreifenwechsel unvermittelt abbricht, wieder vor dem auffahrenden Fahrzeug einschert und dort sein Fahrzeug bis zum Stillstand abbremst.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 29.04.2025 - 9 U 5/24
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)