Neuigkeiten - Recht

Fehlendes Nachlassverzeichnis: Erbe muss trotz nachlässigem Notar Zwangsgeld selbst zahlen

Erben sind dazu verpflichtet, auf Verlangen ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erstellen. Kommt der Erbe dieser gerichtlich festgestellten Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig nach, kann das Gericht Zwangsgeld oder Zwangshaft verhängen. Doch was ist, wenn der Notar trotz Nachhakens des Mandanten damit trödelt? Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hatte darauf eine Antwort.

Erben sind dazu verpflichtet, auf Verlangen ein notarielles Nachlassverzeichnis zu erstellen. Kommt der Erbe dieser gerichtlich festgestellten Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig nach, kann das Gericht Zwangsgeld oder Zwangshaft verhängen. Doch was ist, wenn der Notar trotz Nachhakens des Mandanten damit trödelt? Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hatte darauf eine Antwort.

Der zur Auskunft verpflichtete Erbe berief sich darauf, dass der von ihm beauftragte Notar aufgrund einer verzögerten Bearbeitung allein dafür verantwortlich sei, dass das notarielle Nachlassverzeichnis bislang nicht habe erstellt werden können. Er selbst habe zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses alles ihm Mögliche getan und zweimal schriftlich bei dem Notar den Sachstand erfragt. Eine Reaktion hierauf erfolgte durch den Notar nicht. Das Landgericht verhängte daraufhin ein Zwangsgeld gegen den Erben wegen nicht rechtzeitiger Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses - und genau hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde.

Das OLG begründete die Entscheidung zu Lasten des Erben damit, dass es nicht ausreichend sei, sich auf die Leistung des Notars zu verlassen. Der Erbe ist gehalten, aktiv Druck auszuüben, beispielsweise durch das Setzen einer Frist zur Fertigstellung des Nachlassverzeichnisses. Kommt der Notar dieser Verpflichtung innerhalb der Frist nicht nach, bestehe die Möglichkeit, eine sogenannte Untätigkeitsbeschwerde anzudrohen oder zu erheben. Insgesamt sei es jedenfalls erforderlich, dass der Erbe alle zumutbaren Schritte unternimmt, um das geforderte Verzeichnis zu beschaffen. Darüber hinaus wies das Gericht auch darauf hin, dass es nicht darauf ankomme, ob der Schuldner absichtlich oder schuldhaft gehandelt hat. Entscheidend sei allein, ob er alles in seiner Macht Stehende unternommen hat, die Auskunftspflicht zu erfüllen.

Hinweis: Für die Verhängung des Zwangsmittels kommt es darauf an, ob die Mitwirkungshandlung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts fehlt. Der Erbe hat daher zur Vermeidung von Zwangsmitteln die Möglichkeit, die fehlende Mitwirkungshandlung bis zum Erlass der Entscheidung des Vollstreckungsgerichts nachzuholen.


Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 28.03.2025 - 3 W 21/25
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Gesamtumstände zählen: Gutgläubiger Erwerb eines Pkw in Betrugsfällen

Was Juristen mit "Kommt drauf an" meinen, wenn sie pauschal Bewertungen zu Rechtsfällen abgeben sollen, zeigt dieser Fall des Landgerichts Frankenthal (LG) hervorragend auf. Die Vorlage eines Fahrzeugbriefs gilt bei einem Autokauf normalerweise als Beweis, es mit dem Eigentümer zu tun zu haben. Doch auch die weiteren Umstände können dazu führen, einen Betrug erkennen und sich im Nachhinein nicht auf einen gutgläubigen Erwerb stützen zu können.

Was Juristen mit "Kommt drauf an" meinen, wenn sie pauschal Bewertungen zu Rechtsfällen abgeben sollen, zeigt dieser Fall des Landgerichts Frankenthal (LG) hervorragend auf. Die Vorlage eines Fahrzeugbriefs gilt bei einem Autokauf normalerweise als Beweis, es mit dem Eigentümer zu tun zu haben. Doch auch die weiteren Umstände können dazu führen, einen Betrug erkennen und sich im Nachhinein nicht auf einen gutgläubigen Erwerb stützen zu können.

Der Käufer hatte einen Pkw von einem Betrüger für mehr als 35.000 EUR erworben, doch die Freude währte nicht lang. Denn nur kurze Zeit nach dem Kauf beschlagnahmte die Polizei das Fahrzeug und gab es dem ursprünglichen Eigentümer zurück, der es anschließend für knapp 49.000 EUR weiterverkaufte. Der betrogene Käufer reklamierte nun den Kaufpreis; schließlich sei er trotz des Betrugs Eigentümer des Fahrzeugs geworden, nachdem er im Internet darauf gestoßen war und sich im Saarland zur Besichtigung verabredet hatte. Auf dem Weg dorthin habe er die Mitteilung erhalten, dass das Kind des Verkäufers einen Treppensturz erlitten habe und in einem Krankenhaus in Frankreich liege. Dorthin sei er nunmehr umgeleitet worden, wo der Kauf auf dem Parkplatz durch Barzahlung dann auch abgewickelt worden sei. Der Betrüger habe einen - vermeintlich - echten Fahrzeugbrief und einen belgischen Aufenthaltstitel vorgelegt. Er habe deshalb daran glauben dürfen, dass das Fahrzeug diesem auch gehört habe.

Das LG hat die Klage des betrogenen Autokäufers abgewiesen. Er habe als Käufer trotz Vorlage des scheinbar echten Fahrzeugbriefs grob fahrlässig gehandelt und das Fahrzeug daher nicht gutgläubig erworben. Denn die Umstände des Verkaufs hätten beim Käufer Zweifel erregen müssen, ob er den wahren Eigentümer vor sich hatte. Der Verkäufer hatte einen belgischen Aufenthaltstitel vorgelegt, obwohl im Kaufvertrag als Wohnsitz "Frankenthal" angegeben und das Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen zugelassen war. Auffällig war ferner, dass der Verkäufer ursprünglich als Treffpunkt das vom angegebenen Wohnort abweichende Dillingen/Saar genannt habe. Typisch für unlautere Automobilgeschäfte dieser Art waren auch das Bargeschäft und die kurzfristige telefonische Verlegung des Verkaufsorts an einen fremden und noch dazu im Ausland befindlichen Ort. Nach alledem konnte der Käufer dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht entgehen. Im Betrugsfall muss der Käufer das Fahrzeug dem wahren Eigentümer zurückgeben und bleibt folglich auf dem gezahlten Kaufpreis als Schaden sitzen.

Hinweis: Legt der Verkäufer beim Gebrauchtwagenkauf den Fahrzeugbrief vor, kann sich der Käufer normalerweise darauf verlassen, dass er es auch tatsächlich mit dem Eigentümer und nicht mit einem Betrüger zu tun hat. Der Käufer eines Gebrauchtwagens handelt trotz Vorlage eines Fahrzeugbriefs aber dann grob fahrlässig, wenn die Umstände Zweifel an der Eigentümerstellung des Verkäufers hätten erregen müssen.


Quelle: LG Frankenthal, Urt. v. 03.04.2025 - 3 O 388/24
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Eingeschränkte Individualmobilität: Verbot für erlaubnisfreie Fahrzeuge nach Trunkenheitsfahrt auf Mofa und Weigerung zur MPU

Wer wegen mehrfacher Alkoholfahrten keine Fahrerlaubnis mehr besitzt, sollte sich nicht verführen lassen, sein Verhalten auf Fahrzeugen fortzuführen, für die keine Erlaubnis vonnöten ist. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Saarlouis musste sich eines Alkoholsünders annehmen, der auch die anschließend verlangte medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) verweigerte - und zog den Mann nun buchstäblich aus dem (Straßen-)Verkehr.

Wer wegen mehrfacher Alkoholfahrten keine Fahrerlaubnis mehr besitzt, sollte sich nicht verführen lassen, sein Verhalten auf Fahrzeugen fortzuführen, für die keine Erlaubnis vonnöten ist. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Saarlouis musste sich eines Alkoholsünders annehmen, der auch die anschließend verlangte medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) verweigerte - und zog den Mann nun buchstäblich aus dem (Straßen-)Verkehr.

Der Kläger ist in der Vergangenheit mehrfach alkoholisiert im Straßenverkehr aufgefallen und nicht mehr im Besitz einer Fahrerlaubnis. Im Juli 2019 führte er ein Mofa - als entsprechend erlaubnisfreies Fahrzeug - bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,83 ‰, über das er genau deshalb auch die Kontrolle verlor. Daraufhin forderte die Fahrerlaubnisbehörde ihn auf, seine Fahreignung medizinisch-psychologisch begutachten zu lassen. Dem kam der Mann jedoch nicht nach. Infolgedessen untersagte die Behörde ihm das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr. In der Begründung seiner Klage verwies der Kläger darauf, dass die Rechtsgrundlage unwirksam sei, auf die sich diese Untersagung stütze (§ 3 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)).

Der Verkehrssünder hatte vor dem OVG Saarlouis erwartungsgemäß keinen Erfolg. Da er es unterlassen habe, sich begutachten zu lassen, habe die Fahrerlaubnisbehörde darauf schließen dürfen, dass ihm die Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr selbst mit erlaubnisfreien Fahrzeugen fehle (§ 11 Abs. 8 FeV). Die Untersagungsverfügung stelle zwar einen schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte Individualmobilität dar. Zudem sei angesichts der geringeren Masse und Höchstgeschwindigkeit erlaubnisfreier Fahrzeuge nicht von der Hand zu weisen, dass solche Fahrzeuge eine geringere Gefahrenquelle darstellten als erlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge. Die Gefahr, die von ungeeigneten Führern erlaubnisfreier Fahrzeuge ausgehe, sei aber erheblich genug, um die dem Kläger gegenüber ergangene Anordnung zu rechtfertigen, sich medizinisch-psychologisch begutachten zu lassen. Denn andere Verkehrsteilnehmer könnten sich und Dritte erheblich gefährden, wenn sie wegen der unvorhersehbaren Fahrweise eines unter erheblichem Alkoholeinfluss fahrenden Mofa- oder Radfahrers zu riskanten und folgenschweren Ausweichmanövern verleitet würden.

Hinweis: Die Fahrerlaubnisbehörde kann nach einer Trunkenheitsfahrt mit einem erlaubnisfreien "Mofa" nach § 3 FeV ein Verbot aussprechen, mit erlaubnisfreien Fahrzeugen wie Fahrrädern oder E-Scootern am Straßenverkehr teilzunehmen. Andere Obergerichte sehen im Gegensatz zum OVG Saarlouis darin keine wirksame Grundlage, um das Fahren mit erlaubnisfreien Fahrzeuge zu verbieten (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urt. v. 17.04.2023 - 11 BV 22.1234, und OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.03.2024 - 10 A 10971/23).
 
 


Quelle: OVG Saarlouis, Urt. v. 23.05.2025 - 1 A 176/23
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Arbeitsvertrag mit Ligaklausel: Vereinsstempel als Ersatz für zweite Unterschrift erfüllt Schriftform nicht

Der alte Satz "Wer schreibt, der bleibt" bewahrheitet sich meist im Streitfall vor den Gerichten - so auch im Fall des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (LAG). Hier ging es um die Einhaltung der sogenannten Schriftform bei Arbeitsverträgen. Wie wichtig diese Einhaltung ist - vor allem bezüglich Sonderklauseln wie der Ligaklausel -, zeigt der Umstand, dass das Fehlen einer von zwei Unterschriften das schriftliche Gesamtwerk schnell zunichte machen kann.

Der alte Satz "Wer schreibt, der bleibt" bewahrheitet sich meist im Streitfall vor den Gerichten - so auch im Fall des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (LAG). Hier ging es um die Einhaltung der sogenannten Schriftform bei Arbeitsverträgen. Wie wichtig diese Einhaltung ist - vor allem bezüglich Sonderklauseln wie der Ligaklausel -, zeigt der Umstand, dass das Fehlen einer von zwei Unterschriften das schriftliche Gesamtwerk schnell zunichte machen kann.

Der Kläger war seit Juli 2022 Trainer der ersten Handballherrenmannschaft eines Bundesligisten. Er arbeitete bei einer GmbH, die den Spielbetrieb der Mannschaft organisierte. Sein Arbeitsvertrag enthielt eine Ligaklausel, die besagte, dass der auf vier Jahre befristete Vertrag nur für die erste Handballbundesliga gelte und bei Abstieg oder Lizenzverlust ende. Auf dem Vertrag gab es zwei Unterschriftsfelder für die beiden Geschäftsführer der GmbH, die jeweils einzeln vertretungsberechtigt sind. Unterschrieben wurde der Vertrag aber nur von einem Geschäftsführer; das zweite Unterschriftsfeld blieb leer. Neben der Unterschrift war ein Vereinsstempel gesetzt. Dann kam Pech dazu: In der Saison 2023/24 stieg die Mannschaft ab und die GmbH erklärte daraufhin die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2024 wegen der Ligaklausel. Der Trainer klagte dagegen.

Das Arbeitsgericht gab dem Trainer recht, und auch das LAG bestätigte diese Entscheidung. Das Gericht entschied, dass die Ligaklausel unwirksam war, weil sie nicht schriftlich im Sinne des Gesetzes vereinbart wurde. Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz muss eine solche Klausel klar und vollständig schriftlich fixiert sein. Das Formular mit zwei Unterschriftsfeldern deutete darauf hin, dass beide Geschäftsführer unterschreiben müssen. Die fehlende Unterschrift des zweiten Geschäftsführers ließ den Vertrag unvollständig erscheinen. Selbst der Umstand, dass die beiden Geschäftsführer jeweils auch einzeln vertretungsberechtigt waren, spielte hierbei keine Rolle - denn Schriftform und Vertretungsbefugnis sind getrennt voneinander zu betrachten. Es fehlte außerdem ein Hinweis darauf, dass der eine Geschäftsführer allein handeln wollte. Der Vereinsstempel neben der Unterschrift konnte den Mangel nicht ausgleichen. Deshalb hielt das Gericht den Vertrag mit der Ligaklausel für unwirksam. Das Arbeitsverhältnis endete nicht automatisch mit dem Abstieg.

Hinweis: Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen. Bei Arbeitsverträgen mit besonderen Klauseln muss die Schriftform strikt eingehalten werden. Fehlende Unterschriften können zur Unwirksamkeit führen. Eine Unterschrift allein reicht nicht immer aus, auch wenn mehrere Vertreter einzeln unterschreiben könnten.


Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 27.05.2025 - 3 SLa 614/24
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Hoffolgezeugnis gemäß Höfeordnung: Verpachtung bedeutet nicht automatisch Ende von landwirtschaftlichem Betrieb

Bei landwirtschaftlichen Betrieben gelten nach der sogenannten Höfeordnung für die Erbfolge unter Umständen Sonderregelungen. Ob ein solcher Umstand vorliegt, musste das Oberlandesgericht Celle (OLG) bewerten. Denn wenn ein verpachteter landwirtschaftlicher Betrieb seinen Hofstatus verliert, würden im Erbfall die allgemeinen erbrechtlichen Regelungen Anwendung finden.

Bei landwirtschaftlichen Betrieben gelten nach der sogenannten Höfeordnung für die Erbfolge unter Umständen Sonderregelungen. Ob ein solcher Umstand vorliegt, musste das Oberlandesgericht Celle (OLG) bewerten. Denn wenn ein verpachteter landwirtschaftlicher Betrieb seinen Hofstatus verliert, würden im Erbfall die allgemeinen erbrechtlichen Regelungen Anwendung finden.

Der Erblasser war zu Lebzeiten Landwirt und gemeinsam mit seiner Ehefrau Eigentümer eines großen landwirtschaftlichen Anwesens. Die Eheleute hatten die Flächen 1998 von den Eltern der Ehefrau als sogenannten "Ehegattenhof" übernommen. Seit der Erkrankung des Ehemanns im Jahr 2014 wurde der Hof größtenteils verpachtet; Ackerflächen wurden fremd bewirtschaftet, ein Teil der Waldfläche blieb in der Bewirtschaftung der Familie. In einem gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahr 2019 hatten die beiden einen ihrer beiden gemeinsamen Söhne als Hofnacherben vorgesehen. Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Witwe ein sogenanntes Hoffolgezeugnis - einen Erbschein nach den Regelungen der Höfeordnung. Der weitere Sohn der Beteiligten war hingegen der Ansicht, dass es sich nicht mehr um einen Hof im Sinne der Höfeordnung handelte, da der landwirtschaftliche Betrieb schließlich seit über zehn Jahren vom Erblasser eingestellt sei.

Sowohl das Landgericht als auch das OLG stellten jedoch klar, dass allein eine Verpachtung nicht automatisch das Ende eines landwirtschaftlichen Betriebs bedeute. Entscheidend sei dabei vielmehr auf den Willen der Eheleute abzustellen, den landwirtschaftlichen Betrieb dauerhaft einstellen zu wollen. Hiergegen spreche in diesem Fall jedoch, dass die Eheleute noch im Jahr 2019 im gemeinschaftlichen Testament bestimmt hatten, dass einer der Söhne zum "Nacherben des Hofs" bestimmt werde. Dies spreche dafür, dass man von einer Fortführung des Betriebs ausgegangen sei. Nur wenn objektiv festgestellt werden könne, dass eine Wiederaufnahme der Landwirtschaft nicht mehr möglich wäre, könne von einem Wegfall der Hofeigenschaft gesprochen werden. Das Hoffolgezeugnis wurde der Witwe daher antragsgemäß erteilt.

Hinweis: Die Höfeordnung ist eine spezialgesetzliche Regelung des Erbrechts, die für landwirtschaftliche Betriebe in bestimmten Teilen Deutschlands gilt. Die Höfeordnung gilt unter anderem in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Hamburg.


Quelle: OLG Celle, Beschl. v. 16.06.2025 - 7 W 8/25
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Vater muss zahlen: Angemessenheit von Bestattungskosten eines Teenagers auch von emotionalen Faktoren abhängig

Dass der Tod junger Menschen das enge Umfeld meist noch heftiger trifft, als es der Verlust nahestehender Personen allgemeinhin bereits tut, ist nachvollziehbar. Welche Kosten für die Beerdigung dabei angemessen sind, war Gegenstand der folgenden Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLG). Hier stritt sich ein getrenntes Paar als gesetzliche Miterben über die angemessene Höhe der Beerdigungskosten ihres Sohns.

Dass der Tod junger Menschen das enge Umfeld meist noch heftiger trifft, als es der Verlust nahestehender Personen allgemeinhin bereits tut, ist nachvollziehbar. Welche Kosten für die Beerdigung dabei angemessen sind, war Gegenstand der folgenden Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg (OLG). Hier stritt sich ein getrenntes Paar als gesetzliche Miterben über die angemessene Höhe der Beerdigungskosten ihres Sohns.

Der Teenager verstarb im Alter von 16 Jahren infolge eines Verkehrsunfalls. Die Mutter organisierte die Beerdigung allein und entschied sich für eine Naturbestattung in einem Friedwald. Die hierfür entstehenden Kosten beliefen sich auf ca. 16.000 EUR. Der Vater zahlte zunächst 3.500 EUR, weigerte sich aber, sich an weiteren Kosten zu beteiligen. Die Kosten für die Beerdigung seien unangemessen hoch. Das Landgericht verurteilte den Vater des Verstorbenen zur Beteiligung an den Bestattungskosten in hälftiger Höhe. Hiergegen legte der Vater Berufung ein.

Das OLG erteilte dem Vater daraufhin einen Hinweisbeschluss, dass seine Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe, und begründete seinen Hinweis damit, dass Erben für die Bestattungskosten haftbar sind. Beide Eltern haften als gesetzliche Miterben ihres Sohns und müssen die notwendigen und angemessenen Kosten einer Beerdigung tragen. Die Angemessenheit orientiert sich zunächst an der Lebensstellung des Verstorbenen. Da der Sohn erst 16 Jahre alt war und noch keine eigene Lebensstellung erreicht hatte, orientierte sich die Angemessenheit der Kosten an der Lebensstellung der Eltern. Aufgrund des gezahlten Kindesunterhalts des Vaters konnte auf ein überdurchschnittliches Einkommen zurückgegriffen werden. Besonders betonte das Gericht aber auch die Unterschiede zu Bestattungskosten Erwachsener. Bei dem Tod von Jugendlichen sei die Trauer der Angehörigen oft intensiver, und die symbolische Bedeutung der Grabstätte müsse besondere Berücksichtigung finden. Emotionale Faktoren wie ein Baum zum "In-den-Arm-Nehmen" seien daher durchaus angemessen, auch wenn sie insgesamt teurer seien.

Hinweis: Geht es um die Frage der Übernahme von Bestattungskosten, müssen die Verantwortlichen nicht zwingend die günstigste Lösung wählen, solange die Kosten angemessen und nachvollziehbar sind.


Quelle: OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.05.2025 - 3 U 4/25
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Mutterschutz und Kündigungsverbot: Der gesetzliche Schutz gilt nur bei Einhaltung der terminlich korrekten Reihenfolge

Schwanger, nicht schwanger, schwanger? Frauen mit einem dringenden Kinderwunsch stehen oft vor vielen Herausforderungen, bevor sie Mütter werden können. Auch ihren Arbeitgebern gegenüber haben sie Dinge zu berücksichtigen, damit der gesetzliche Schutz werdender Mütter greift. Hier musste sich das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) damit beschäftigen, ab wann was gilt und wann die Schwangere über die Schwangerschaft informieren muss.

Schwanger, nicht schwanger, schwanger? Frauen mit einem dringenden Kinderwunsch stehen oft vor vielen Herausforderungen, bevor sie Mütter werden können. Auch ihren Arbeitgebern gegenüber haben sie Dinge zu berücksichtigen, damit der gesetzliche Schutz werdender Mütter greift. Hier musste sich das Landesarbeitsgericht Köln (LAG) damit beschäftigen, ab wann was gilt und wann die Schwangere über die Schwangerschaft informieren muss.

Eine junge Frau arbeitete in einer Kleintierarztpraxis. Sie war seit 2019 dort angestellt und kündigte im Juli 2023 eine Schwangerschaft an. Kurz darauf erhielt sie eine Kündigung vom Arbeitgeber. Die Frau klagte dagegen an und meinte, dass die Kündigung wegen Mutterschutzes ungültig sei. Sie war der Ansicht, dass das Kündigungsverbot schon ab 280 Tagen vor dem errechneten Geburtstermin galt und sie den Arbeitgeber rechtzeitig informiert habe. Der Arbeitgeber widersprach und erklärte, er habe erst später von der Schwangerschaft erfahren. Denn die Frau hatte zwischenzeitlich erklärt, doch nicht schwanger zu sein. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Frau legte Berufung ein, doch auch das LAG bestätigte die Entscheidung.

Das LAG erklärte, dass das Kündigungsverbot 280 Tage tatsächlich vor dem errechneten Geburtstermin beginne - so, wie es das Bundesarbeitsgericht festgelegt habe. Wichtig sei dabei jedoch, dass die Schwangere den Arbeitgeber über eine wirkliche, aktuelle Schwangerschaft informiere. Eine Mitteilung über eine frühere oder womöglich kurz bevorstehende Schwangerschaft reiche nicht aus. Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber erst im September 2023 ein ärztliches Attest über die Schwangerschaft erhalten. Zu dem Zeitpunkt der Kündigung - zwei Monate zuvor - wusste er davon nichts. Auch die Nachrichten der Frau per WhatsApp im Juli 2023 an den Arbeitgeber über positive (und danach behauptet negative) Schwangerschaftstests waren nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend, da diese nicht die spätere Geburtsterminschwangerschaft betrafen. Daher war die Kündigung wirksam: Der Arbeitgeber hatte zum Kündigungszeitpunkt schlichtweg keinerlei Kenntnis von der relevanten Schwangerschaft. Zudem wurde die Kündigungsschutzklage seitens der Klägerin nicht rechtzeitig eingereicht.

Hinweis: Das Kündigungsverbot im Mutterschutz beginnt 280 Tage vor dem errechneten Geburtstermin. Der Arbeitgeber muss von der konkreten Schwangerschaft rechtzeitig und ebenso konkret erfahren haben, um im Kündigungsfall entsprechend belangt zu werden. Denn nur dann gilt der besondere Schutz vor Kündigung.


Quelle: LAG Köln, Urt. v. 17.04.2025 - 6 SLa 542/24
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Umgangsrecht: Sachverständige haften nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit

Bei Scheidungen entbrennen bei der Regelung des Umgangsrechts oft regelrechte Schlammschlachten. Wird dafür ein Sachverständiger hinzugezogen und macht dieser in seinem Gutachten Fehler, kann dies zur Haftung des Sachverständigen führen, wenn ihm die Fehler nachgewiesen werden können. Eine solche Bewertung musste das Landgericht Saarbrücken (LG) treffen.

Bei Scheidungen entbrennen bei der Regelung des Umgangsrechts oft regelrechte Schlammschlachten. Wird dafür ein Sachverständiger hinzugezogen und macht dieser in seinem Gutachten Fehler, kann dies zur Haftung des Sachverständigen führen, wenn ihm die Fehler nachgewiesen werden können. Eine solche Bewertung musste das Landgericht Saarbrücken (LG) treffen.

In einem Verfahren sollte ein Sachverständiger in einem Gutachten die Frage beantworten, wie das Umgangsrecht des Vaters mit den beiden gemeinsamen Kindern in Zukunft stattfinden solle. Das Familiengericht bat zur Vorbereitung einer Sitzung darum, das bisherige Ergebnis der Begutachtung vorab schriftlich zusammenzufassen. Dies tat der Gutachter und schilderte in einer Sachstandsmitteilung, dass aufgrund der vorliegenden Datenlage nicht abgeschätzt werden könne, ob und welche Art von psychischem Krankheitsgeschehen bei der Mutter vorliege. Es gäbe aber Hinweise auf eine kindeswohlgefährdende Lebenssituation durch einen möglichen erweiterten Suizid durch die Mutter. Ebenso sprach die Mutter von erlebter häuslicher Gewalt. Der Gutachter konnte diese Angaben aber nicht verifizieren. In der Folge wurde beiden Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder entzogen und der Mutter sogar die Kontaktaufnahme verboten. Schlussendlich leben die Kinder nun beim Vater, nachdem sich Vater und Mutter hierauf einigten. Die Mutter verklagte den Gutachter dennoch auf Schadensersatz von ca. 15.600 EUR für ihr entstandene Sachverständigenkosten und auf ein angemessenes Schmerzensgeld von 75.000 EUR. Sie scheiterte damit aber vor dem LG.

Denn die Eltern führten eine Einigung über den Verbleib der Kinder herbei, noch bevor ein abschließendes Gutachten getroffen wurde. Zudem ließ sich nicht feststellen, dass der Gutachter vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstellt hatte. Er hatte nur dargestellt, dass er keine Diagnose stellen und nichts ausschließen kann. Der Gutachter hat seine Einschätzung auf normalerweise verlässliche Kontaktpersonen gestützt. Eine grob fahrlässige Begutachtung scheidet daher aus. Der Mutter standen keine Ersatzansprüche zu.

Hinweis: Gerichtsgutachter können haften, aber nur, wenn sie fehlerhaft handeln. Möchten Sie Ansprüche gegen die Gutachter gelten machen, sind diese Fehler zu benennen und zu belegen.


Quelle: LG Saarbrücken, Urt. v. 05.06.2025 - 9 O 229/22
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Abfindung nach Jobverlust: Kein zusätzlicher Schonbetrag für Begleichung von Außenständen

Prozesskostenhilfe (PKH) soll es Menschen ohne eigene finanzielle Mittel ermöglichen, ihr Recht einzufordern und vor Gericht zu erstreiten. Da gerichtliche Erfolge oftmals auch Geldzahlungen zur Folge haben, bleibt dann die Frage, wie viel der Hilfe zurückerstattet werden muss. Das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) hat dies anhand einer Abfindung, die in einem Kündigungsschutzprozess eingeklagt wurde, vorgerechnet.

Prozesskostenhilfe (PKH) soll es Menschen ohne eigene finanzielle Mittel ermöglichen, ihr Recht einzufordern und vor Gericht zu erstreiten. Da gerichtliche Erfolge oftmals auch Geldzahlungen zur Folge haben, bleibt dann die Frage, wie viel der Hilfe zurückerstattet werden muss. Das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) hat dies anhand einer Abfindung, die in einem Kündigungsschutzprozess eingeklagt wurde, vorgerechnet.

Der Kläger war ledig, hatte ein Kind und bekam PKH für ein Kündigungsschutzverfahren, das im Februar 2023 begann. Das Verfahren endete mit einem Vergleich, mit dem der Kläger eine Abfindung von 20.000 EUR brutto erhielt. Das Arbeitsgericht bewertete den Streitwert auf über 27.000 EUR und setzte auf dieser Basis auch die Anwaltsvergütung fest. Später verlangte das Gericht vom Kläger Nachweise über die erhaltene Abfindung. Da der Kläger keine Unterlagen vorlegte, berechnete das Gericht überschlägig, dass er 10.500 EUR aus der Abfindung als Vermögen habe, von dem er 4.742 EUR für die Prozesskosten zahlen müsse. Der Kläger legte Beschwerde ein und gab an, die Abfindung bereits verbraucht zu haben, um Außenstände zu begleichen. Das Arbeitsgericht senkte daraufhin den zu begleichenden Betrag auf 4.340 EUR.

Das LAG bestätigte diese Entscheidung und wies die Beschwerde ab, erlaubte aber die Revision zum Bundesarbeitsgericht. Das Gericht entschied, dass von der Abfindung ein Schonvermögen von 10.000 EUR abgezogen werden müsse, was durch eine Verordnung zum Sozialgesetzbuch geregelt sei. Zusätzlich werde für das Kind ein weiterer Schonbetrag von 500 EUR berücksichtigt. Ein weiterer Freibetrag für typische Kosten, die durch den Jobverlust entstehen können - wie Bewerbungen, Fahrten oder Umzüge -, wird seit einer Gesetzesänderung Anfang 2023 nicht mehr gewährt. Frühere Gerichte hatten noch einen zusätzlichen Schonbetrag zuerkannt, da sie solche Kosten für üblich hielten. Doch durch die Erhöhung des Schonvermögens auf 10.000 EUR entfalle dieser zusätzliche Freibetrag. Damit bleibt ein großer Teil der Abfindung als Vermögen anzurechnen, der für Prozesskosten eingesetzt werden kann.

Hinweis: Bei PKH zählt eine Abfindung grundsätzlich als Vermögen. Das Gesetz schützt zwar einen bestimmten Freibetrag, aber selbst typische Kosten nach Jobverlust werden seit 2023 nicht mehr extra berücksichtigt. Wer eine Abfindung erhält, sollte daher vorsichtig sein, wie er sie verwendet.


Quelle: LAG Hamm, Beschl. v. 06.05.2025 - 13 Ta 344/24
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)

Gläubiger ausreichend geschützt: Keine Inventarfrist bei bereits eingereichtem Nachlassverzeichnis

Das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein notarielles Nachlassverzeichnis durch den Erben bereits erstellt und beim Nachlassgericht eingereicht worden war. Dennoch wurde dem Erben eine Frist zur Erstellung eines Inventars gesetzt. Zu Recht?

Das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein notarielles Nachlassverzeichnis durch den Erben bereits erstellt und beim Nachlassgericht eingereicht worden war. Dennoch wurde dem Erben eine Frist zur Erstellung eines Inventars gesetzt. Zu Recht?

Mit einer Inventarfrist kann ein Pflichtteilsberechtigter Druck auf den Erben ausüben, ein Nachlassverzeichnis zu errichten. Nach Ablauf dieser Frist kann der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten sogar mit seinem Privatvermögen haftbar gemacht werden. Hier hatte der Erbe ein notarielles Nachlassverzeichnis über seinen Anwalt beim Nachlassgericht bereits eingereicht - verbunden mit der Erklärung, dass es als Inventar im Sinne des Gesetzes gelten solle.

Sowohl das Nachlassgericht als auch das OLG waren der Ansicht, dass in einem Fall, in dem der Erbe bereits ein notarielles Nachlassverzeichnis hat erstellen und bei Gericht einreichen lassen, keine Notwendigkeit mehr bestehe, eine zusätzliche Frist zur Erstellung eines Inventars zu setzen. Der Nachlassgläubiger erhalte durch das bereits vorhandene Verzeichnis einen Überblick über den Bestand des Nachlasses und auch über mögliche Vollstreckungsgegenstände. Dadurch seien seine Rechte ausreichend gewahrt. Ein bereits eingereichtes, vollständiges notarielles Nachlassverzeichnis erfülle den gesetzlichen Zweck - völlig unabhängig davon, aus welchem Anlass es erstellt wurde.

Hinweis: Der Gläubiger wird zudem dadurch geschützt, dass der Erbe auch dann unbeschränkt mit seinem Privatvermögen haftet, wenn er absichtlich unvollständige oder unrichtige Angaben bei der Errichtung des Inventars gemacht hat. Auf Verlangen des Nachlassgläubigers kann der Erbe auch dazu verpflichtet sein, die Richtigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern.


Quelle: Saarländisches OLG, Beschl. v. 25.06.2025 - 5 W 33/25
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 08/2025)